Entgelttransparenzgesetz: Was auf Euch als Arbeitgeber zukommt und wie Ihr Euch vorbereiten solltet

Seit 2017 gibt es das Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG). Es verpflichtet größere Unternehmen dazu, Mitarbeiter Einblick in Gehaltsstrukturen zu geben mit dem Ziel, für mehr Gleichstellung und faire Bezahlung zu sorgen. Viele Arbeitgeber haben sich seitdem zwar mit dem Thema beschäftigt, doch die Nutzung durch Beschäftigte war bislang eher zurückhaltend. Das ändert sich nun: Ab Juni 2026 greift die neue EU-Entgelttransparenzrichtlinie, die das bestehende Gesetz deutlich verschärft. Für Arbeitgeber bedeutet das mehr Pflichten, mehr Aufwand und auch mehr Risiken bei Nichteinhaltung. Wir zeigen Euch, was Ihr wissen solltet, wo Fallstricke lauern und wie Ihr Euch optimal vorbereiten könnt.

 

RÜCKBLICK: WAS GILT SEIT 2017?

Das Entgelttransparenzgesetz in seiner aktuellen Form brachte folgende Verpflichtungen mit sich:

  • Auskunftsrecht für Mitarbeiter: Beschäftigte in Unternehmen mit mehr als 200 Mitarbeiter können Auskunft über das durchschnittliche Gehalt von Kollegen des anderen Geschlechts in vergleichbarer Position verlangen.
  • Transparenz über Entgeltkriterien: Neben Zahlen müssen Arbeitgeber offenlegen, nach welchen Kriterien Gehälter gebildet werden (z. B. Erfahrung, Ausbildung, Tarifvertrag).
  • Frist: Die Beantwortung einer Anfrage muss innerhalb von drei Monaten erfolgen.
  • Berichtspflicht: Unternehmen ab 500 Mitarbeiter sind verpflichtet, regelmäßig über Gleichstellung und Entgeltstrukturen zu berichten.

Viele Unternehmen konnten diese Anforderungen organisatorisch bewältigen, auch weil die Nutzung des Auskunftsrechts durch Mitarbeiter eher gering war.

 

2026: WAS ÄNDERT SICH DURCH DIE EU-RICHTLINIE?

Die EU-Richtlinie (EU/2023/970) macht Transparenz verbindlicher und verschiebt die Spielregeln deutlich in Richtung Arbeitnehmer. Ab Juni 2026 gilt in Deutschland:

  1. Gehaltsspannen in Stellenanzeigen

In Jobinseraten oder spätestens beim Bewerbungsgespräch müsst Ihr eine konkrete Gehaltsspanne oder ein Einstiegsgehalt angeben. Fragen nach bisherigen Gehältern von Bewerbern sind künftig unzulässig.

  1. Stärkeres Auskunftsrecht

Mitarbeiter haben Anspruch auf detailliertere Informationen nicht nur Durchschnittswerte, sondern auch eine klare geschlechtsspezifische Aufschlüsselung. Zudem müsst Ihr sie regelmäßig aktiv über dieses Recht informieren. Die Frist für Antworten sinkt auf zwei Monate.

  1. Berichtspflichten auch für kleinere Unternehmen

Während bisher nur Unternehmen ab 500 Mitarbeiter berichten mussten, gelten ab 2026 neue Schwellenwerte:

  • 100–149 Mitarbeiter: erster Bericht 2031, danach alle drei Jahre
  • 150–249 Mitarbeiter: erster Bericht 2027, danach alle drei Jahre
  • ab 250 Mitarbeiter: jährliche Berichtspflicht ab 2027
  1. Lohnunterschiede ab 5 % müssen überprüft werden

Zeigen die Daten, dass die Gehaltslücke zwischen Männern und Frauen bei mehr als 5 % liegt, seid Ihr verpflichtet, eine Entgeltanalyse durchzuführen und Maßnahmen einzuleiten, um Unterschiede zu beseitigen.

  1. Beweislastumkehr

Kommt es zu Streitfällen, liegt die Beweislast künftig bei Euch. Ihr müsst nachweisen können, dass Gehaltsunterschiede sachlich gerechtfertigt sind. Gelingt das nicht, drohen Nachzahlungen, Schadensersatzforderungen oder Bußgelder.

 

WAS BEDEUTET DAS FÜR EUCH ALS ARBEITGEBER?

Die Änderungen sind keine Kleinigkeit, sie betreffen Eure Recruiting-Prozesse, Eure HR-Systeme und Eure Compliance-Strategie.

  • Recruiting: Stellenanzeigen müssen künftig eine klare Gehaltsspanne enthalten. Das erfordert abgestimmte Vergütungsstrukturen und mehr Transparenz schon im Bewerbungsprozess
  • HR-Datenmanagement: Ihr müsst jederzeit in der Lage sein, Gehaltsdaten strukturiert aufzubereiten und Berichte zu erstellen. Ohne saubere Systeme wird das aufwendig
  • Rechtliche Risiken: Fehlende Transparenz oder nicht belegbare Unterschiede können schnell teuer werden. Die Umkehr der Beweislast macht Dokumentation und Nachvollziehbarkeit entscheidend
  • Unternehmenskultur: Offenheit beim Thema Gehalt kann zunächst ungewohnt sein, langfristig stärkt sie aber Vertrauen und Fairness im Team

 

WIE IHR EUCH JETZT VORBEREITEN KÖNNT

Auch wenn 2026 noch etwas hin ist, es lohnt sich schon heute aktiv zu werden:

  1. Vergütungsstrukturen überprüfen
    Legt fest, welche Kriterien für Gehälter gelten und dokumentiert diese klar. So könnt Ihr Unterschiede leichter erklären
  2. HR-Systeme fit machen
    Stellt sicher, dass Ihr Daten zu Gehältern, Tätigkeiten und Qualifikationen schnell auswerten könnt. Automatisierte Tools sind hier eine Investition, die sich auszahlt
  3. Kommunikation vorbereiten
    Überlegt Euch, wie Ihr Gehaltsspannen transparent macht, ohne demotivierende Effekte zu erzeugen. Einheitliche Kommunikation ist entscheidend
  4. Führungskräfte schulen
    Eure Führungskräfte müssen auf Fragen vorbereitet sein. Klare Argumentationslinien verhindern Unsicherheit oder widersprüchliche Aussagen
  5. Frühzeitig berichten
    Auch wenn die Berichtspflichten für kleinere Unternehmen erst später greifen, ein freiwilliger Bericht kann Vertrauen schaffen und rechtliche Risiken reduzieren

 

CHANCEN STATT NUR PFLICHTEN

Natürlich bringt die neue Richtlinie zusätzlichen Aufwand. Doch es gibt auch positive Effekte:

  • Employer Branding: Wer offen mit Gehältern umgeht, wirkt attraktiv auf Bewerber
  • Gleichstellung fördern: Faire Strukturen steigern Motivation und Bindung
  • Rechtliche Sicherheit: Wer vorbereitet ist, minimiert Risiken und Kosten im Streitfall

 

Fazit

Seit 2017 ist das Entgelttransparenzgesetz ein Baustein für mehr Lohngerechtigkeit. Mit der EU-Entgelttransparenzrichtlinie ab 2026 steigt der Druck auf Unternehmen, echte Transparenz zu schaffen. Für Arbeitgeber bedeutet das: höhere Anforderungen, mehr Dokumentation, aber auch die Chance, sich als fairer und moderner Arbeitgeber zu positionieren. Wenn Ihr rechtzeitig beginnt, Vergütungsstrukturen zu prüfen und Prozesse anzupassen, könnt Ihr die neuen Vorgaben nicht nur erfüllen, sondern sogar einen Wettbewerbsvorteil daraus ziehen.

0 Kommentare

Hinterlasse ein Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar